OWiG

Bei der Verfolgung des Gehwegparken gilt das Ordnungswidrigkeitengesetz. Das Ablauf einer Ahnung ist hier ein wenig anders als bei einer echten Straftat und daher sollen hier mal die Unterschiede erklärt werden und vor allen mit ein paar Mythen aufgeräumt werden.


Verlauf einer Anzeige (Strafrecht)

Wenn jemand eine Anzeige macht, dann macht er diese normalerweise bei der Polizei. Die Polizei macht dann normalerweise auch Ermittlungen, etc. und am Ende oder parallel geht das alles an die Staatsanwaltschaft. Man kann aber immer auch Anzeigen direkt bei der Staatsanwaltschaft machen und die Staatananwaltschaft schaut dann, ob bzw. wie sie die Polizei zuzieht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und bei kleineren Sachen entscheidet sie auch. Und nur eher wenig geht dann vor Gericht.

So ist es zumindest bei richtigen Straftaten und dem Strafrecht.


Verlauf einer Anzeige (Ordnungswidrigkeitenrecht)

Beim Ordnungswidrigkeitenrecht (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ordnungswidrigkeit) sieht es anders aus und hierbei besonders beim ruhenden Verkehr und damit bei Themen wie bei Gehwegparken. 

Hier gibt es meist eine Quasipolizei (nennt sich meist gemeindlicher Vollzugsdienst, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeindevollzugsdienst), die für solche Kleinkram die Rolle der Polizei übernimmt. Daher blockt die richtige Polizei bei solchen Themen auch gerne. Aber wenn man seine Anzeigen bei der Polizei abgibt, dann muss sie trotzdem tätig werden. Ist leider (leider für die Polizei) so.

Wenn nun entweder die Polizei (eher selten), der gemeindliche Vollzugsdienst (passiert schon eher mal) oder eine Privatperson (und darum geht es uns vor allen) eine Anzeige stellt, dann geht das früher oder später an die Bußgeldstelle. Denn die Bußgeldstelle hat bei solchen Zeug quasi die Funktion der Staatsanwaltschaft. Und daher empfiehlt die Polizei in der Regel auch, die Anzeigen direkt und gleich an die Bußgeldstelle zu schicken, um die Polizei zu entlasten.

Und die Bußgeldstelle entscheidend dann als Quasistaatsanwaltschaft letztendlich, was aus der Anzeige gemacht wird. Sie kann eine Verwarnung aussprechen oder einen Bußgeldbescheid. Beim Thema Gehwegparken ist es eigentlich immer eine Verwarnung, ein Bußgeldbescheid erst bei Einspruch des Autofahrers, etc.

Die Verwarnung geht an den Halter des Fahrzeugs und in den meisten Fällen zahlt dieser. Und damit hat dann der Vorgang Rechtskraft und ist abgeschlossen. Nur wenn der Autofahrer Einspruch erhebt, dann geht es eventuell sogar bis vor Gericht.

Soweit die rechtliche Lage aus der Sicht der Initiative, aber keineswegs als Rechtsberatung zu verstehen.  Das können und dürfen wir nicht.


Mögliche Störungen im Ablauf

Folgende Probleme in dem eigentlich klaren Ablauf tauchen immer wieder auf und sollen hier bewertet werden.


Bußgeldstelle lehnt Anzeigen von Privatpersonen generell ab

Das ist rechtlich aus unser Sicht überhaupt nicht haltbar. Jedem dem es widerfährt, kann sich gerne bei uns melden, Wir unterstützen dann gerne.


Bußgeldstelle informiert (wegen Datenschutz) nicht über den weiteren Verlauf der Anzeigen.

Das ist rechtlich aus unserer Sicht nur teilweise haltbar. Über den Verlauf (wie ging es nach der Ausstellung der Verwarnung weiter) muss nicht informiert werden. Über eine Einstellung aus unserer Sicht schon. Wir empfehlen folgende Passage bei den Anzeigen zu nutzen:

Information bei Nichtumsetzung
Wenn die Anzeigen z.B. aus Gründen des Ermessensspielraums im Rahmen des Opportunitätsprinzips nicht in Verwarnungen umgesetzt wurden, dann bittet der Anzeiger gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 171 S.1 StPO um eine kurze Info z.B. an die in der Regel ja angegebene Emailadresse mit einer nachvollziehbaren Begründung für die Nichtumsetzung.

Aus der Passage kann man übrigens die Rechtsgrundlage für die Auskunftspflicht erkennen.


Bußgeldstelle nennt sie bereits in der Verwarnung als Zeuge

Um Anzeiger abzuschrecken oder einfach aus althergebrachter Routine werden häufig bereits in den Verwarnungen Sie als Zeuge aufgeführt. Bei einer Verwarnung ist das aber aus unserer rechtlichen Sicht nicht unbedingt erforderlich - nur bei einem Bußgeldbescheid erfordert es das Gesetz. Vielmehr ist hier auch Datenschutz des Anzeigers zu brücksichtigen (siehe z.B. der Beitrag des Datenschutzbeauftragten von Hessen https://www.datenschutz.hessen.de/_old_content/tb31/k07p01.htm)

Wir empfehlen daher, die Bußgeldstelle ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass Sie bei der Verwarnung nicht als Zeuge genannt werden wollen bzw. eine Begründung für eine Nennung haben wollen.


Einstellung der Anzeige wegen Ermessensspielraum

Beim Ordnungswidrigkeitenrecht hat der Gesetzgeber den Verfolgungsbehörde einen Spielraum gelassen, was verfolgt wird. Das ist ja auch gut so, damit nicht jeder Kleinkram verfolgt werden muss. Das ganze nennt sich dann Opportunitätsprinzip (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Opportunitätsprinzip) und hier bei kommt immer wieder der Begriff pflichtmäßiges Ermessen im Rahmen des Opportunitätsprinzip auf (steht in jeden zweiten Brief :-)

Die Behörden, d.h. einerseits Polizei, der gemeindliche Vollzugsdienst, aber eben auch die Bußgeldstelle berufen sich hierbei gerne darauf und blocken damit die Verfolgung ab. Für die anzeigenstellende Behörde (= Polizei und gemeindlicher Vollzugsdienst) mag das auch noch ok sein, anders ist der Fall, wenn jemand eine Anzeige macht, die Beweismittel klar und eindeutig sind und keine sonstigen Hinderungsgründe vorliegen (Beispiel: Knöllchen-Harry mit > 10.000 Anzeigen). Bei solchen Klaren und angemessenen Fällen schrumpft der Ermessensspielraum aus unserer rechtlicher Sicht auf ein minimales Maß, denn hier würde sonst massiv das geltende Recht und das Schutzinteresse des Bürgers unterlaufen (für Details einfach mal googlen nach "opportunitätsprinzip pflichtgemäßes ermessen spielraum klein"). 

Auf gut Deutsch: die Vorschrift ist darauf bedacht, die Verfolgung effizient und angemessen zu gestalten, aber sie darf nicht mißbraucht werden, um alles von sich zu weisen.

Das Problem ist: bei einer aus Sicht des Anzeigers falschen Entscheidung kann er rechtlich nichts dagegen machen. Man muss politisch vorgehen durch Beschwerde bei den übergeordneten Behörden bzw. dem Bundesland. Und genau das machen wir derzeit in Baden-Württemberg.

Soweit die Bewertungen aus der Sicht der Initiative, die aber keineswegs als Rechtsberatung zu verstehen sind.  Das können und dürfen wir nicht.